Rabenspiele

Sie sitzen auf den Ästen über unseren Köpfen, ziehen ihre Bahnen in der Luft, hüpfen in sicherer Entfernung zu uns Menschen auf dem Boden – Rabenvögel gehören zu unserem Alltag.
Ob die viel gesehenen Rabenkrähen (Corvus corone), die Elstern (Pica pica) mit ihrem schimmernden schwarz-weißen Gefieder oder die großen Kolkraben (Corvus corax), viele Vertreter der Rabenvögel sind intelligent, sozial und einfallsreich. Ihre Vogelaugen beobachten aufmerksam ihre Umwelt und erkunden sie voller Neugierde. Und sie lieben es zu spielen.
Der Kolkrabe zum Beispiel zeigt eine ganze Reihe spielerischer Verhaltensweisen.

Dazu zählt das akrobatische Kopfunter-Hängen: Der Rabe krallt sich dabei mit den Füßen an einen Ast, lässt sich fallen und hängt kopfunter, manchmal auch nur an einem Fuß. Nach einer Weile lässt er los, um auf einen anderen Ast zu springen oder er dreht sich mithilfe von Flügelschlägen zurück auf den Ast, an dem er hängt.
Ein erhöhter Schwierigkeitsgrad zeigt der Rabe, wenn er ein Objekt in seinen Krallen hält, während er nur mit einem Fuß am Ast baumelt. Diese Objekte können unter anderem Steine oder Rindenstücke sein. Der Biologe Bernd Heinrich beobachtete bei seinem Raben Lefty, wie dieser kopfunter ein Stück Rinde immer wieder zwischen dem Fuß und dem Schnabel hin und her reichte.
Die Raben wählen bei dieser akrobatischen Darbietung gelegentlich Äste, die sehr dünn und elastisch sind, sodass sie an denen hoch und runter wippen können.

Am liebsten frönen die Raben aber Spielen in der Luft: Zu zweit oder in Gruppen jagen oder fangen sie sich ab, manchmal verschränken die Raben sogar im Flug ihre Füße miteinander. Zu den luftigen Spielen gehören eindrucksvolle Kunststücke: Saltoschlagen, Fliegen auf dem Rücken, Schraubdrehungen und Sturzflüge. Auch Objekte werden in ihre spielerischen Aktivitäten mit einbezogen. Ein Rabe fliegt zum Beispiel mit einem Stöckchen in die Luft, lässt ihn in einer bestimmten Höhe fallen und fängt ihn im Sturzflug wieder auf. Es kann passieren, dass andere Raben sich einschalten und dem fallenden Objekt ebenfalls nachjagen.
Im Winter scheinen sich einige Raben einen Spaß daraus zu machen Artgenossen mit Schnee zu bewerfen. Dafür steigen sie mit einem Schneeklumpen in den Krallen in die Höhe und lassen ihn auf den Raben ihrer Wahl fallen – und sie treffen! Etwas feindseliger wirkt dieses Spiel bei anderen Tieren, so wurde ein Rabe dabei beobachtet, wie er einen Stein auf einen Hund warf.

Generell kann man Krähen und Raben eine gewisse Dreistigkeit unterstellen. Ob sie Katzen mit dem Schnabel in die Schwanzspitze zwicken, oder versuchen auf Hirschen zu reiten (mit Raben als Zuschauern) oder Fresskonkurrenten bis aufs Äußerste reizen, sie haben den Schalk im Nacken.

Quelle:

  • Drack, Gertrude und Kotrschal, Kurt: ›Aktivitätsmuster und Spiel von freilebenden Kolkraben Corvus corax im inneren Almtal/Oberösterreich‹ auf: http://www.zobodat.at/pdf/Mont_7_0159-0174.pdf (11.02.2017).
  • Heinrich, Bernd: ›Mind of the Raven‹, New York 2006, S. 280-294.
  • Reichholf, Josef H.: ›Rabenschwarze Intelligenz, Was wir von Krähen lernen können‹, München 2009, S. 66f.
Doku-Empfehlung: ›Raben – Unterschätzte Genies‹ Diese Dokumentation beschäftigt sich in erster Linie mit der Intelligenz von Raben und ihrem Sozialverhalten. Sie ist eine der besten, die ich je über Rabenvögel gesehen haben, also eine klare und unbedingte Empfehlung!